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Wasserkraftprojekte, Umweltverbände und Beschwerderecht

Im Vorfeld der Abstimmung zum Stromgesetz wurde an verschiedener Stelle mündlich und schriftlich beteuert, dass das Verbandsbeschwerderecht bei Annahme des Stromgesetzes weiterhin Bestand haben werde.
In der Wintersession 2024/25 hat der Ständerat beschlossen, auch das Beschwerderecht der national tätigen Umweltverbände für die 16 Wasserbauprojekte auszusetzen, welche Teil des am 9. Juni 2024 vom Stimmvolk angenommenen Stromgesetzes sind.
In den folgenden Abschnitten werden ein paar der schriftlich festgehaltenen und mündlich gemachten Versprechen aufgelistet.

Runder Tisch Wasserkraft

Im Dokument «Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches Wasserkraft» vom 13.12.2021 kann nachgelesen werden:
Seite 2: Mit dieser Liste werden weder die projektspezifischen ordentlichen Bewilligungsverfahren präjudiziert noch werden die projektspezifischen Verbandsbeschwerderechte tangiert. Die Kompetenzen der zuständigen Behörden werden nicht beschnitten.
Seite 6: Mit der Nennung dieser Projekte werden weder die projektspezifischen ordentlichen Bewilligungsverfahren präjudiziert noch werden die projektspezifischen Verbandsbeschwerderechte tangiert. Die Kompetenzen der zuständigen Behörden werden nicht beschnitten.
Diese Liste hat indikativen Charakter und ist nicht abschliessend. Der Runde Tisch schlägt vor, dass zu den oben erwähnten Projekten vertiefte energiewirtschaftliche und ökologische Abklärungen vorgenommen und Verhandlungen zwischen den Umweltverbänden, den Betreibern und Kantonen aufgenommen werden.
Mit am runden Tisch sassen neben den Umweltverbänden Pro Natura, WWF, und Schweizerischer Fischereiverband u.a. auch der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE, der Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband (Vertreten durch den heutigen Bundesrat A. Rösti), Swisspower AG, Axpo Group (CEO Christoph Brand) und verschiedene Vertreter von Bund (u.a. die damalige Bundesrätin Simonetta Sommaruga) und den Kantonen.
Die gemeinsame Erklärungen wurde von allen unterzeichnet.

«Arena» zum Stromgesetz vom 17. Mai 2024

Bundesrat A. Rösti bestätigt in dieser Sendung mehrmals (z.B. ab 1:19:00), dass das Beschwerderecht der Umweltverbände bei der Annahme des Stromgesetzes auch bei den 16 Wasserkraft-Projekten erhalten bleiben werde. Er weist auch auf die geringeren Erfolgsaussichten der Beschwerden hin, da die Energieproduktion im Allgemeinen höher zu gewichten sei als der Naturschutz. Die Ausgabe der «Arena» vom 17. Mai 2024 kann auf www.srf.ch nachgeschaut werden.

Abstimmung Stromgesetz vom 9. Juni 2024

Im Abstimmungsbüchlein kann auf Seite 44 unter dem Punkt «Beschwerdemöglichkeit und Rechtsstaatlichkeit» nachgelesen werden:
Mit der Aufnahme von Projekten für Wasserkraftwerke ins Gesetz ist deren Überprüfung durch Gerichte eingeschränkt. Die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden bleiben aber bestehen. Aufgrund der erleichterten Planungsbedingungen haben Beschwerden im Vergleich zu bisher jedoch voraussichtlich geringere Aussichten auf Erfolg. Das gilt auch für Beschwerden gegen die Windkraftanlagen und die grossen Solarenergieanlagen in geeigneten Gebieten. Bundesrat und Parlament haben sich für diesen Weg entschieden, weil sie angesichts des steigenden Strombedarfs den Bau von zusätzlichen Anlagen für unverzichtbar halten.
Auf der Website des UVEK kann auf der Seite «Vorlage für eine sichere Stromversorgung: FAQ» nachgelesen werden:
Frage: Werden die 16 Wasserkraftprojekte bei einem Ja zur Vorlage automatisch gebaut?
Antwort: Nein, für jedes einzelne dieser Wasserkraftprojekte muss ein Konzessions- und ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden. Die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden bleiben bestehen.

Unsere Wertung

Im Fall der Erhöhung der Staumauern des Grimselsees sind die beteiligten Parteien wie vom «Runden Tisch Wasserkraft» vorgeschlagen vorgegangen und haben eine Vereinbarung für Ersatzmassnahmen abgeschlossen. Beteiligt waren u.a. die Umweltverbände Aqua Viva, Pro Natura Schweiz, Pro Natura Bern, Schweizer Alpen-Club SAC, Schweizerischer Fischerei-Verband, Bernisch Kantonaler Fischerei-Verband, Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, WWF Schweiz und WWF Bern.
Nicht einverstanden mit dieser Vereinbarung war einzig ein lokal tätiger Umweltverein, welcher deshalb Einsprache einreichte.
Derselbe lokal tätige Umweltverein hat zusammen mit dem national tätigen Umweltverband Aqua Viva beim Projekt Trift Beschwerde eingereicht. Diese Beschwerde wurde bereits am 27.12.2023 (d.h. lange vor der Abstimmung zum Stromgesetz vom 9.6.2024) eingereicht.
Deshalb ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb der Ständerat nur ein gutes halbes Jahr nach Annahme des Stromgesetzes die Versprechen vom «Runden Tisch Wasserkraft», von Bundesrat A. Rösti und insbesondere der Abstimmungsunterlagen brechen und dabei zum Mittel der Kollektivstrafe greifen will.
Es ist zu hoffen, dass der Nationalrat dem von Ständerat Rieder (VS) eingebrachten Anliegen keine Folge leisten wird und es bei den anderen geplanten Massnahmen zur Beschleunigung der Verfahren bewenden lässt.
Das Aussetzen des Beschwerderechts der national tätigen Umweltverbände bei den 16 Wasserkraftprojekten durch das Parlament würde das Vertrauen in dieses Parlament sicher nicht stärken. Zudem wäre die weiter oben erwähnte Rechtsstaatlichkeit aus unserer Sicht nicht mehr gegeben.
Update 25.2.2025
Die UREK des Nationalrates schlägt vor, dass bei den 16 Wasserkraftprojekten das Beschwerderecht nur angewendet werden darf, wenn min. drei Umweltverbände gemeinsam eine Beschwerde zu einem Vorhaben einreichen.
Update 28.2.2025
Der oben erwähnte Umweltverband Aqua Viva signalisiert in einer Pressemitteilung Kompromissbereitschaft beim Projekt Trift.
Update 4.3.2025
Der Nationalrat folgt dem Vorschlag der UREK des Nationalrates.
Update 12.3.2025
Die zuständige Kommission (UREK) des Ständerates will die Punkte Verbandsbeschwerderecht und Ausgleichsmassnahmen nochmals vertieft prüfen und nach einer mehrheitsfähigen Lösung suchen.
Update 13.3.2025
Laut einer Medienmitteilung tritt die Umweltorganisation Landschaftsschutz Schweiz der Begleitgruppe Umwelt des Projekts Gornerli bei. D.h. die Umweltorganisation Landschaftsschutz Schweiz zeigt sich bereit zu Kompromissen.
Update 2.5.2025
Die zuständige Kommission (UREK) des Ständerates hält an der Aussetzung des Verbandsbeschwerderechts bei den 16 Wasserbauprojekten fest. Somit hält die UREK auch am Bruch der Versprechen fest, welche dem Volk vor der Abstimmung zum Stromgesetz mehrfach gemacht wurden (siehe oben). Quelle: Medienmitteilung UREK vom 2.5.2025 (Externer Link).
Update 14.5.2025
Laut den Unterlagen auf parlament.ch (= offizielle Website des Schweizer Parlaments) hält die zuständige Kommission (UREK) des Ständerates an der Aussetzung des Verbandsbeschwerderechts bei den 16 Wasserbauprojekten fest. Die von diesem Ausschluss betroffenen Organisationen sollen neu periodisch über den Projektstand informiert und im Rahmen einer Mitwirkung vor dem Genehmigungsentscheid angehört werden.
Unser Kommentar: Der Natur ist mit diesem Vorgehen nicht geholfen.
Update 6.6.2025
Der Ständerat hält an seiner Forderung für die Aussetzung des Beschwerderechtes der national tätigen Umweltverbände für die 16 Wasserkraftprojekte fest.
Die Debatte im Ständerat kann hier nachgelesen werden.
Zur Erinnerung: Von sämtlichen TeilnehmerInnen des «Runden Tischs Wasserkraft» wurde ein Dokument unterzeichnet, in welchem auf Seite 6 festgehalten ist, dass die bisherigen Rechtsmittel für die 16 Wasserbauprojekten bestehen bleiben werden. Dieses Dokument ist öffentlich einsehbar, z.B. mit Suche «Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches Wasserkraft». Die Mehrheit des Ständerat unter Federführung von Ständerat Rieder blendet diesen Fakt konsequent aus. So wie auch die vor der Abstimmung abgegebenen Versprechen (u.a. Bundesrat und Abstimmungs-Botschaft).
Update 31.7.2025
Gemäss Medienberichten hat Aqua Viva die Beschwerde zum Wasserkraft-Projekt Trift in diesen Tagen zurückgezogen.
Der regional tätige Grimselverein hält an seiner Beschwerde zum Wasserkraft-Projekt Trift fest.
Update 27.8.2025
Laut einer Medienmitteilung des UVEK kommen die 16 Wasserkraft-Projekte nicht wie gewünscht voran. Ein paar Projekte würden redimensioniert, andere nicht oder vorläufig nicht weiterverfolgt. Das Ziel der Produktion von zusätzlichen 2TWh pro Winterhalbjahr bis 2040 ist so nicht erreichbar. Der Bundesrat möchte deshalb zusätzliche Wasserkraft-Projekte in die Liste der national priorisierten Projekte aufnehmen.
Speziell ist, dass nicht offengelegt wird, welche Wasserbau-Projekte aus welchem Grund nicht wie geplant vorankommen. Gemäss unseren Informationen liegt aktuell keine Beschwerde von national tätigen Umweltverbänden gegen eines der 16 Wasserkraft-Projekte vor. D.h. der Grund der Verzögerungen kann nicht an Beschwerden der national tätigen Umweltverbänden liegen.
Publiziert/Aktualisiert: 16.2.2025 / 29.8.2025